Ende März hatte die No-Covid-Politik der chinesischen Regierung zu neuen Abriegelungen in China geführt. Als Folge dessen wurde die Metropole Shanghai mit ihren mehr als 25 Millionen Einwohnern in zwei Teile gegliedert und ein Teil nach dem anderen abgeriegelt. Jüngste Ergebnisse von Massentests zeigten nun, dass die Zahl der Infektionen jedoch nach wie vor auf einem hohen Niveau liegt, was die chinesische Regierung dazu veranlasste, den Lockdown auf unbestimmte Zeit zu verlängern.
Wieso sich dies vor allem auch auf die Logistik auswirkt? In Pudong befinden sich zum Beispiel die größten Containerterminals WGQ und Yangshan sowie der Flughafen PVG.
Auch andere große Hafenstädte wie Shenzhen und Hongkong waren wegen steigender Covid-19-Zahlen im Lockdown, allerdings wurden in Shenzhen einige Beschränkungen bereits wieder aufgehoben, zum Beispiel konnten die Fabriken früher als geplant öffnen, nicht zuletzt um die Auswirkungen auf die Lieferketten abzumildern.
Die Lockdowns hatten bereits zahlreiche Auswirkungen auf den Betrieb in den Häfen. So konnten viele Terminals (etwa Hongkong) wegen strenger Restriktionen für die Lkw-Fahrer nicht oder nur unzureichend beliefert werden. Außerdem mangelte es an Personal, zum Beispiel an den Containerfrachtstationen in Shenzhen, worunter insbesondere der Frachtbetrieb gelitten hat.
In Shanghai dürfen Lkw-Fahrer nur dann die Stadt verlassen oder hineinfahren, wenn sie einen negativen PCR- sowie einen negativen Schnelltest vorweisen können, welche nicht älter als 48 Stunden sind. Viele Hafenarbeiter gelangen aus ihrem Wohngebiet wegen der Ausgangssperre nicht zu ihrem Arbeitsplatz. Die Häfen in Shanghai arbeiten derzeit zwar noch, doch voraussichtlich wird dort Personalmangel herrschen, sodass vermutlich Fracht Rückstände auflaufen.
Hintergrund
China kämpft derzeit mit der größten Zahl an Covid-19-Fällen seit Beginn der Pandemie. Auf die Gebiete, in denen die Zahl der Neuinfektionen anstieg, entfielen 22,1 % des nationalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) und 21,4 % des Einzelhandelsumsatzes. Die jüngste Prognose von J.P. Morgan für das Wachstum des BIP 2022 liegt als Folge der Covid-Erkrankungen und der Covid-Politik der chinesischen Regierung bei 5,1 % – die chinesische Regierung propagiert hingegen ein Wachstumsziel von 5,5 %. Die Investitionsstimmung ist eher pessimistisch – wegen der Covid-Wellen in China selbst, aber auch als Folge der globalen geopolitischen Spannungen. Die Aktienmärkte in China und Hongkong schwanken derzeit stark.
Auswirkungen der Maßnahmen gegen Covid-19
Wie in Shenzhen, Hongkong und anderen Regionen Chinas (etwa im Yangtze Delta) wird auch der Lockdown in Shanghai Auswirkungen auf die globalen Lieferketten haben. Bislang ist unklar, wann sich die Lage in China vollständig normalisieren wird. Das hängt unter anderem auch davon ab, ob die chinesische Regierung von ihrer strengen No-Covid-Politik zumindest teilweise abrücken wird.
Lkw-Verkehr
Der Landverkehr ist nach wie vor das größte Hindernis im Rahmen der aktuellen Situation. Die Straßen, vor allem die Autobahnen, dürfen nach wie vor von Lkws befahren werden, die mit Containern beladen sind. Für die Abholung und Anlieferung in den Terminals müssen die Lkw-Fahrer einen negativen PCR-Test nachweisen. Darüber hinaus muss für die Container ein Equipment Interchange Receipt (EIR) vorliegen, ein Dokument, das dem Verlader ausgehändigt wird, wenn die Container am Terminal angeliefert oder abgeholt werden können, und das unter anderem Containernummer und Code des Schiffes verzeichnet. Für den Lkw-Verkehr in/aus Shanghai ist ein negativer PCR-Tests von weniger als 48 Stunden und ein negatives Schnelltest-Ergebnis von weniger als 24 Stunden erforderlich.
Seefracht
Derzeit operieren die Containerhäfen in Shanghai noch. Eine Schließung oder Aussetzung des Betriebs ist nicht vorgesehen. Allerdings ist ein Personalmangel möglich, sodass die Häfen ihren Betrieb nicht in vollem Umfang aufrechterhalten können. Der Export von Waren aus China wird voraussichtlich stärker betroffen sein als der Import. Der Grund: Die Belieferung der Häfen in Shanghai ist wegen der Covid-19-Maßnahmen schwierig, die Fabriken können zudem nicht wie gewohnt arbeiten. Daher kann nicht sichergestellt werden, das terminierte Warenlieferungen, vor allem aus Fabriken, die in Shanghai und dem näheren Umland ihren Standort haben, pünktlich in den Häfen ankommen, Buchungen können sich verzögern.
Auch die Abläufe in den Häfen von Shanghai, zum Beispiel die Abholung leerer Container und die Zollkontrolle, werden in den kommenden Tagen sehr wahrscheinlich stark beeinträchtigt sein.
Luftfracht
Verschiedene Fluggesellschaften, insbesondere aus Übersee, haben in den letzten Tagen mehrere Flüge ab PVG gestrichen. Auch in diesem Bereich ist das Trucking eine der größten Herausforderungen in der Betriebskette für PVG und Alternativen. Die Terminals (CGO, CSX, CKG, HFE) verlangen von Lkw-Fahrern einen negativen PCR-Test, der nicht älter als 48 Stunden ist. Andere Provinzen haben ebenso spezifische Anforderungen an Lkw-Fahrer, die Fracht aus oder durch Shanghai transportieren. Die Raten im Bereich Luftfracht von anderen Terminals wie CTU, CGO, CSX, HKH sind aufgrund der aktuellen Umstände ebenfalls gestiegen.
Lagerhäuser
Die COVID-19-Politik der chinesischen Regierung wirkt sich auch auf mehrere Lagerhäuser und Containerfrachtstationen aus. Nach der vorübergehenden Schließung mehrerer Containerdepots sind einige von ihnen jetzt teilweise wieder in Betrieb, um leere Container freizugeben. Insgesamt ist die Effizienz auf einem niedrigeren Niveau, und in den Häfen können sich Rückstände anhäufen.